Maria Kozianka
August Schleicher (1821-1868)
Sprachwissenschaftler
Betritt man den historischen Johannisfriedhof vom Philosophenweg aus durch den zweiten, nördlicher gelegenen Eingang, gelangt man nach wenigen Schritten zur Grabstätte des Sprachwissenschaftlers August Schleicher und seiner Ehefrau Fanny Schleicher, geborene Strasburger (1827-1911).
Kindheit und Jugend
August Schleicher wurde am 19. Februar 1821 in Meiningen geboren. Seine Eltern waren der Amstarzt Johann Gottlieb (1793-1864) und dessen erste Ehefrau Henriette, geborene Heym
(† um 1835). Kindheit und Jugend verbrachte Schleicher in Sonneberg, wo er neben dem im Elternhaus ausschließlich gesprochenem Hochdeutsch im Umgang mit anderen Kindern auch die Sonneberger Mundart lernte und sie nach kurzer Zeit perfekt beherrschte. Besonders das im Volksmund lebendige Kulturgut wie Märchen, LIeder, Kinderreime, Sprichwörter und Rätsel übten einen nachhaltigen Einfluss auf ihn aus. Schon früh zeigte sich auch seine musikalische Begabung, die besonders von der Mutter gefördert wurde. Sein Vater, der Naturheilkunde gegenüber aufgeschlossen, weckte sein Interesse für ausgedehnte Wanderungen durch Thüringen und Beobachtungen in der Natur.
Schleicher wuchs in einem liberal und demokratisch gesinnten Umfeld auf. Sein Vater gehörte als Student 1815 zu den Mitbegründern der Burschenschaft in Jena, die sich für demokratische Reformen und gegen die feudale Kleinstaaterei einsetzte. Als Amtsarzt kümmerte er sich insbesondere um die Arbeiter in der Heimindustrie. Traf er bei seinen Patientenbesuchen auf ärmliche Verhältnisse, verzichtete er auf sein Honorar.
Von 1835 bis 1840 besuchte Schleicher das Gymnasium Casimirianum im nahegelegenen Coburg. Mit großem Eifer lernte er hier Griechisch und Latein. Für Sprachstudien war das Casimirianum ein ausgezeichneter Ort. In der dortigen Bibliothek befanden sich auch arabische, persische, indische und chinesische Originalschriften. Der Direktor des Coburger Gymnasiums erkannte die Sprachbegabung seines Schülers und erteilte ihm im Arabischen Privatunterricht, auch Sanskrit, eine altindische Sprache, und Chinesisch lernte er in Coburg kennen.
© M. Kozianka, gekürzt Ch. Apfel
Jürgen John
Grabstätte der Familie Theil
Pädagoge - Sozialist - Universitätskurator
Auf dem Jenaer Johannisfriedhof befindet sich das Grabmal des am 25. August 1945 verstorbenen Universitätskurators Carl Theil, seiner am 7. Februar 1946 gestorbenen Ehefrau Elisabeth und ihrer mit jeweils 22 Jahren am 12. Mai 1940 bei Dinant, am 2. September 1942 bei Netertowka und am 6. März 1945 bei Breitscheid gefallenen Söhne Carl, Peter und Thomas. Am 27. März 1945 starb zudem Theils Schwiegermutter Helfrid Eigenbrodt, am 10. November 1946 seine Mutter Natalie Bodenburg. Sieben Todesfälle in kurzer Zeit, drei im Krieg gefallene Söhne – das ist zutiefst bewegend und verweist auf ein Schicksal von großer Tragik. Es löst viele Fragen nach der Persönlichkeit und dem Lebensweg Carl Theils aus, dessen Wirken in geradezu paradigmatischer WQeise mit der deutschen Geschichte und Bildungsgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbunden war.
Jugend und Studium
Carl August Theil wurde am 17. Dezember 1886 als Sohn des königlich-preußischen Musikdirektors Carl Christian Hugo Theil (1853-1909) und dessen Ehefrau Natalie (1866-1946) in Danzig geboren. Die Mutter stammte aus Eisenberg/Ostpreußen, der Vater aus Seehausen/Altmark. Er war nach seinem Musikhochschulstudium seit 1877 als Leiter der Kapelle des Danziger Grenadierregimentes tätig, seit 1904 als Musikdirektor. Mit seinen "populären Sinfoniekonzerten" erlangte der Militärmusiker Theil große Beliebtheit. Ein schweres Augenleiden trieb ihn allerdings 1909 in den Freitod.
Von seinem Elternhaus war Carl Theil bildungsbürgerlich geprägt; von seinem Vater erbte er das musikalische Talent – er komponierte und war ein sehr guter Klavierspieler -, die poetische Begabung – er schrieb vorzügliche Gedichte - und eine anfängliche Neigung zum Militärischen. Nach dem Besuch des Städtischen Gymnasiums Danzig und dem Erwerb des Reifezeugnisses studierte er 1904/06 'Schiffbau an der Technischen Hochscule Danzig und dann bis 1912 an den Universitäten Berlin, München und Jena klassische Altertumswissenschaft, Geschichte, Philosophie und Pädagogik. Im Anschluß an das Studium promovierte er 1912/13 in Jena bei dem Altertumswissenschaftler Heinrich Walther Judeich (1859-1942) über "Solonische Münzreform" zum Dr. phil., legte hier am 15. Dezember 1913 die Promotionsprüfung ab und nach dem Kriege am 13. Mai 1919 das Gymnasial-Staatsexamen für Latein, Grichisch, Geschichte und Philosophische Propädeutik.
© J. John, gekürzt Ch. Apfel
Lambert Grolle
Karl Christian Philipp Snell (1806 – 1886)
Naturwissenschaftler, Mathematiker und Philosoph
Karl Christian Philipp Snell wurde am 19. Januar 1806 im nassauischen Dachsenhausen südöstlich von Koblenz geboren. Seine Vorfahren väterlicherseits waren Prediger, Pädagogen, Juristen, Philosophen und Naturforscher. Sein Vater Johann Peter Ludwig Snell (1764-1817) war ebenso wie sein Großvater Johann Peter Snell (1720-1797) Prediger in Dachsenhausen. Seine Mutter, Philippine Wilhelmine Snell, geborene Mencken verwitwete Schäfer, aus Idstein (1774-1837) war eine Tante von Otto von Bismarck (1815-1898). Sein Vater starb bereits am 25. Februar 1817, vom gleichen Jahr an besuchte der elfjährige Karl das neuerrichtete Gymnasium im preußischen Wetzlar, wo sein Vetter Johann Philipp Ludwig Snell (1785-1854) 1817 Schuldirektor gewirden war. Er war radikaler Liberaler und vertrat diese Haltung auch gegenüber der Obrigkeit ohne Schonung seiner eigenen Person. Dieses Denken beeinflusste Karl Snell in seinen jungen Jahren sehr. Ludwig Snell floh 1820 aus Angst vor einer Verhaftung nach dem missglückten Attentat durch seinen Freund Karl Löning auf den nassauischen Regierungspräsidenten Karl von <Ibell Juli 1819 und der Ermordung Kotzesbues durch den Jenaere Theologiestudenten Karl Ludwig Sand im März 1919 vor der preußischen Polizei über England in die Schweiz und wirkte später in Zürich und Bern als Professor der Philosophie.
Studienzeit (1824-1829)
Karl Snell legte das Abitur 1823 in Wetzlar ab und studieerte ab 1824 in Halle Philologie. Schon im Mai 1825 wechselte er nach Gießen, weil er sich wegen der Teilnahme an Versammlungen liberaler Studentenklubs für Preußen verdächtig gemacht hatte. Außerdem hatte in Gießen ein großer Teil der Familie Snell studiert oder ge-lehrt. So lehrte sein Onkel Friedrich Wilhelm Snell (1761-1827) ab 1789 Philosophie und später noch Geschichte an dieser Universität. Karl 'Snell schrieb sich für die Fächer Philologie und Theologie ein. Er nahm auch an den ihn sehr interessierenden Vorlesungen über Chemie und den dazugehörigen Praktika bei Justus von Liebig (1803-1873) teil, der dort seit 1825 als Professor für Chemie und Pharmazie tätig war. Nach nur einem Semester in Gießen immatrikulierte sich Snell an der Universität Göttingen für Philosophie, zu der damals auch die Naturwissenschaften gehörten, da offensichtlich mit zunehmenden Alter bei ihm das Interesse dafür geweckt worden war.An der Georg-August-Universität Göttingen lehrte in dieser Zeit auch der bedeutende Physiker, Geodät und Methematiker Carl Friedrich Gauß (1777-1855), Snell hörte Vorlesungen auch bei Gauß.
© L. Grolle, gekürzt Ch. Apfel
Traugott Keßler
Johann Karl Eduard Schwarz (1802 - 1870)
Theologieprofessor, Oberpfarrer, Superrintendent, erster Ehrenbürger der Stadt Jena
Dem Leben und Wirken von Eduard Schwarz, dem ersten Bürger der Stadt Jena, welchem das Ehrenbürgerrecht zuerkannt wurde, soll im folgenden nachgegangen werden.
In Jena sind einige authentische Erinnerungsorte an Eduard Schwarz erhalten geblieben: Auf dem Johannisfriedhof findet man sein Familiengrab ca 10 Meter wqestlich vom Gärtnerhaus. Dort wurden das Ehepaar Schwarz sowie zwei seiner Kinder bestattet. Erhalten sind auch die beiden Häuser, in denen Schwarz in Jena gewohnt hat: Im Haus Fürstengraben 13, heute befindet sich hier das Historische Institut der Universität, wohnte er von seiner Ankunft in Jena 1830 bis zum Jahr 1856. Danach bewohnte er mit seiner Familie das Haus Jenergasse 9, das er von den Erben seines Professorenkollegen Heinrich August Schott erworben hatte. Seit November 2018 befinden sich hier das Archäologische Institut sowie das Archäologische Museum der Universität.
Herkunft, Ausbildung und Berufsausübung
Johann Karl Eduard Schwarz wurde am 20. Juni 1802 in Halle a. d. Saale als Sohn des Strumpffabrikanten Georg Martin Schwarz geboren. Der Vater erwartete von seinem einzigen Sohn, dass dieser dereinst die Fabrik übernehmen und weiterführen würde. Der Sohn zog es jedoch vor, an den Franckeschen Stiftungen seiner Heimatstadt die Real- und danach die Lateinschule zu besuchen. Nach bestandenem Abitur schrieb sich der 19-jährige 1821 an der Universität in Halle für das Studium der Theologie und Philologie ein. Halle hatte damals die größte Theologische Fakultät im Königreich Preußen und mit Wilhelm Gesenius (1786-1842) und Julius August Ludwig Wegscheider (1771-1849) zwei weithin bekannte Theologieprofessoren. Beide bestärkten den jungen
Schwarz in seiner Meinung, dass er für die Wissenschaft geeigneter sei als für das väterliche Gewerbe. Nach vier Studienjahren in den Fächern Theologie und Philologie legte Schwarz zu Ostern 1825 das Kandidatenexamen ab. Schon gegen Ende des Sommersemesters 1825 wurde er zum Dokter der Philosophie promoviert. Das Thema seiner Doktorarbeit ist leider nicht mehr zu ermitteln.
Seine erste Anstellung erhielt er 1825 als Lehrer am Pädagogium im ehemaligen Kloster "Unser leiben Frauen" in Magdeburg. Das Pädagogium war eine Internatsschule mit hohem Bildungsanspruch, in dem Jungen unterrichtet wurden. Als Domgymnasium gibt es diese Schule auch heute noch.
© T. Keßler, gekürzt Ch. Apfel
Christina Apfel
Erbbegräbnis der Familie Siebert
Wegbereiter der naturwissenschaftlichen Medizin in Jena
An der Westseite der alten, inneren Friedhofsmauer, eingerahmt von zwei kräftigen, hohen Buchen, findet man das Erbbegräbnis der Familie Siebert. Das Grabmal besteht aus drei Säulen mit einem Giebel, zwischen den Säulen befinden sich sechs Grabtafeln. Darüber ein Spruchband: Erbbegräbnis der Familie Siebert.
Auf den Grabtafeln an der Wand sind aufgeführt:
Prof. Dr. Ludwig August Siebert (1805-1855), sein Sohn Prof. Dr. Friedrich (Fritz) Siebert (1829-1882), die Ehefrau von Prof. Dr. Fritz Siebert, Anna Caroline, geb. Hering (1833-1875), deren Mutter Eleonore Hering, geb. Lindig (1797-1879), der Sohn Paul Siebert (1865-1894) und Wolfgang Schultze (1880-1906), der Enkelsohn von Fritz Siebert. Ein Marmorkreuz am Boden, an das Grabmal angelehnt, wurde für die Tochter des Prof. Dr. Fritz Siebert, Anna Marie Siebert (1859-1864), aufgestellt.
Tatsächlich sind in dem Erbbegräbnis noch weitere Familienmitglieder beigesetzt. Darüber wird in der weiteren Familiengeschichte berichtet.
Beginnt man sich mit dem Wirken der beiden Ärzte August Siebert und dem Sohn Friedrich Siebert und deren Familien zu beschäftigen, erscheint ihr Leben und Wirken auf den ersten Blick sehr unspektakulär und selbst zu Ihrer Lebenszeit kaum von der breiten Öffentlichkeit in Gänze wahrgenommen worden zu sein. Es muss schon bei den wenigen Hinweisen, die man über die Sieberts finden kann, tief in den Archiven gegraben werden, um das Leben vom Vater und vor allem dem Sohn Friedrich beschreiben zu können.
Ludwig August Friedrich Siebert (1805-1855)
Kindheit und Jugend August Sieberts
August Siebert wurde am 31.07.1805 auf Schloß Nymphenburg bei München/Bayern als dritter und jüngster Sohn des königlich-bayerischen Stallmeisters Peter Friedrich Siebert (1770-1805) drei Monate und neun Tage nach dem Tod des Vaters, geboren.
Der Vater stammte aus Berlin, wohin der Großvater Christian Friedrich Siebert, als Waffenschmied 1735 von Friedrich Wilhelm I., aus Schmalkalden berufen wurde.
Die Mutter, Pfarrerstochter Clara Friederike Elisabetha, geb. Dittmar, wurde 1767 in Neunkirchen geboren, heiratete Peter Friedrich Siebert 1798 in Mannheim und starb 1824 in Speyer.
August Friedrich Siebert bekam trotz des Vateres Tod eine standesgemäße Ausbildung.
© Ch. Apfel, gekürzt Ch. Apfel
Hans-Georg Kremer
Grabmale der Familie Kreussler -
Die Fechtmeister der Universität Jena
Zwei Zeitzeugnisse, die heute noch von den akademischen Fechtmeistern regelmäßig besucht werden, sind die Grabdenkmäler auf dem Johannisfriedhof in Jena. Beide stehen heute an der Westwand der Friedenskirche, nicht mehr am Originalstandort. Es sind dies das Grabmal von Friedrich Kreussler (verstorben 1707) und seines Neffen Johann Wilhelm Kreussler (verstorben 1722), dem Sohn seines Bruders Gottfried.
Beide sind sehr aufwändig in Sandstein mit teilweise nicht mehr erhaltenem Figurenschmuck erstellt worden. Nach Seemann-Kahnes Untersuchungen sind sie am Originalstandort in Verbindung zu bringen mit anderen um 1912 noch lesbaren Grabplatten von weiteren Angehörigen und Verwandten der Kreussler-Familie, wie einer Tochter Wilhelm Kreusslers mit Namen Barbara, verheiratet mit dem Juristen Johann Caspar Büttichen, welche 1704 verstarb.
Auf Grund des Straßenbaus 1938 waren die beiden Kreussler-Denkmale von ihrem ursprünglichen Standort an die Südseite der Friedenskirche verlegt worden.
Die Inschrift des Denkmals lautet nach Seemann-Kahne:
Hier ruhet der Weyl. Edle und Grossachtbare Herr Friedrich Kreussler Fürstl. Sächs. priviligierter Fecht- und Exercitien-Meister, welcher allhier gebohren Anno 1632 d. 14. Sept. Der Vater ist gewesen der Edle und grossachtbare Herr Wilhelm Kreussler, privil.Fecht- und Exercitien-Meister alhier die Mutter Frau Katharina geb. Weißchnerin. In den Ehestand hat er sich Anno 1662 d. 13.8. zum 1. mahl begeben mit Jgfr. Anna Elisabetha geb. Meyerin, mit welcher er 7. Kinder davon keins mehr am Leben gezeuget. Zum 2. mahl hat er sich Anno 1671 de. 25.7. mit Jgfr. Anna Sophien gebohrene Linsnerin vereheligt u. mit ihr ohne Ehesegen gelebet. Anno 1676 d. 28. Aug. hat er sich zum dritten mahl verheyrathet mit Jgfr. Reginen geb. Röbelin, u. mit ihr 4 Kinder gezeuget, von welchen aber nur 2 Söhne noch am Leben. [...]
© h.-G. Kremer, gekürzt Ch. Apfel
Traugott Keßler
Moritz Seebeck (1805 - 1884)
Schulreformer, Prinzenerzieher, Bevollmächtigter bei der verfassungsgebenden Versammlung in Frankreich a.M. 1848,
Kurator der Universität Jena
Moritz Seebeck gehört zu den bedeutendsten Thüringer Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Die ihm entgegengebrachte Wertschätzung findet ihren Ausdruck u.a. in den Ehrenbürgerschaften durch die Städte Meiningen, Hildburghausen und Jena sowie in den Ehrenpromotionen durch die juristische, philosophische und theologische Fakultät der Universität Jena. An Moritz Seebeck erinnern in Jena sein Familiengrab auf dem Johannisfriedhof wenige Meter nördlich der Friedenskirche, sein Geburtshaus in der Johannisstraße 20 sowie sein Wohn- und Sterbehaus in der Selliertstraße 7.
Begeben wir uns auf den Weg durch das Leben von Moritz Seebeck.
Herkunft und Werdegang
Carl Julius Moritz Seebeck wurde am 8. Januar 1805 in Jena als siebentes Kind des Doktors der Medizin Thomas Johann Seebeck (1770-1831) und dessen Ehefrau Julia
Amalie Ulrike, geborene Boye (1774-1861) geboren. Das Ehepaar hatte zehn Kinder, von denen zwei Knaben jeweils im ersten Lebensjahr verstarben. Obgleich Thomas Seebeck Mediziner war, galt sein
Hauptinteresse den Naturwissenschafften. Auf ihn gehen zwei wichtige physikalische Entdeckungen zurück:
1. Der thermoelektrische Effekt, sogenannter "Seebeck-Effekt". Dieser beschreibt folgendes: werden zwei unterschiedliche Metalldrähte an ihren Enden miteinander verlötet und diese Lötstellen auf unterschiedliche Temperaturen gebracht, entsteht eine Thermospannung und es fließt ein elektrischer Strom von der kälteren zur wärmeren Lötstelle. Nutzbar ist der Effekt bei der Temperaturmessung mit Thermoelementen.
2. Die "entoptischen Figuren" in Gläsern.
Entoptische Figuren in Gläsern entstehen, wenn die Glasschmelze zu schnell abgekühlt wird, sodass Spannungszustände im Glaskörper erhalten bleiben. Sichtbar gemacht werden können sie bei Durchstrahlung mit polarisiertem Licht.
Thomas Seebeck promovierte 1802 in Göttingen zum Doktor der Medizin. Im gleichen Jahr siedelte die Familie nach Jena um. [...]
© T. Keßler, gekürzt Ch. Apfel
Ekardt Bock/Christina Apfel
Familie Godhard Prüssing (1828–1903)
seine Familie
Ein Leben für den Zement
Geht man vom Eingang der Friedenskirche den Weg nach Norden, findet man rechts des Weges, etwa in Höhe des Grabhauses, das Begräbnis der Familie
Prüssing.
Die Begräbnisstätte, ursprünglich für die erste Frau Godhard Prüssings, Hofopernsängerin Roma Sidonie Thekla geborene Pan(t)zer (1831–1886) gekauft, hat später auch ihn und seine zweite Frau Hedwig, geborene Rühe (1860–1935) aufgenommen. Roma Sidonie Thekla Prüssing wurde erdbestattet. Ihr Grab trägt einen schwarzen Marmorblock mit weißer Schrift. Auf der Rückseite steht der Spruch: " Es ist bestimmt in Gottes Rath, daß man vom Liebsten, was man hat, muß scheiden." Daneben wurde für Godhard Prüssing eine schwarze Serpentinsäule, die seine Urne trägt, geschaffen. Seine zwiete Frau Hedwig, erhielt eine Granittafel mit weißer Inschrift. Diese Grabtafel ist leider nicht mehr vorhanden. Die Ascheurne von Ernst Prüssing, dem Enkelsohn, wurde auf dem Jenaer Nordfriedhof beigesetzt, wo eine kleine Tempelanlage der Familie Prüssing im griechischen Stil steht.
Wer war die Familie, die für den Zement lebte?
Die Familie
Die Vorfahren Godhard Prüssings hatten nie etwas mit Zement zu tun. Die Familie der Großeltern, Jürgen Prüssing (1762–1840) und Anna Sophia, geborene Roder
(1761–1799), lebte auf der Insel Fehmarn. Der Großvater war dort Schulhalter in Sahrensdorf. Schulhalter ist eine Person, welche eine niedere Privat-Schule führt und Kinder in seiner Wohnung im
Lesen und Schreiben unterrichtet. Hier wurde der Vater Godhards, Georg Heinrich Prüssing (1794–1855) geboren. In Kiel war er als Seminarist tätig. Am 11. November 1821 heiratete er Emilie
Henriette, geborene Nissen (1799–1860) in Segeberg. Emilie Henriette, geboren am 15. April 1799 in Sarau, war die Tochter des späteren Bad Segeberger Probstes Hans Friedrich Nissen (1767–1848).
Dieser, am 10. November 1767 in Kiel geboren, war der Sohn des Kieler Rittmeisters, akademischen Fechtmeisters und Branddirektors Nikolaus Andreas Nissen (1738–1787) und der Katharine Friederike
Müller (1740–1827). In der Ehe wurden vier Söhne und eine Tochter geboren. Godhards Mutter verstarb am 2. September 1860 in Kiel.
Die drei älteren Brüder Prüssings wanderten zwischen 1840–1845 nach Amerika aus. [...]
© E. Bock, Ch. Apfel, gekürzt Ch. Apfel
Katrin Fügener
Carl Christian Ludwig Timler
Maurer- und Steinmetzmeister, Architekt, Künstler, Stadtplaner, Kommunalpolitiker, Buchautor und Lehrer
Timlerweg, Timlersches Haus oder Timler-Passage - alle diese Jenaer Bezeichnungen eröffnen eine Spurensuche, die zu einer angesehenen Familie führt, die seit Anfang
des 18. Jahrhunderts in der Stadt lebte. Den Familiennamen Timler (auch Timmler, Thümmler) trugen bedeutende Bürger der Stadt, meist Baumeister oder Kaufleute. Carl Christian Ludwig Timler setzte
die Familientradition fort und wurde Baumeister, wie bereits sein Urgroßvater, Hofmaurermeister Christian Lorenz Moritz Timler (1763–1826). An der Westseite des Gärtnerhauses erinnert ein
imposantes Grabmal an den berühmten Architekten und seine Gattin.
Herkunft und Ausbildung
Carl Christian Ludwig Timler wurde am 10. Juli 1836 in Jena geboren. Seine Eltern, der Maurermeister Johann Christoph Carl Timler (1799–1870) und seine Ehefrau
Johanna Sophie Christiane Ernestine, geb. Grellmann, verwitwete Nürnberger (1801–1853), wohnten "Hinter der Rinne", einer ehemaligen kleinen Gasse zwischen Leutrastraße und Kollegiengase. Carl
absolvierte seine Schul- und Lehrjahre zunächst in Jena. Seit Anfang der 1850er Jahre erlernte er bei seinem Vater, der als strenger Lehrmeister galt, das Maurerhandwerk. Johann Christoph Carl
Timler erkannte frühzeitig die besonderen künstlerischen Fähigkeitzen seines Sohnes und ermöglichte ihm von 1853 bis 1855 den Besuch der Königlichen Baugewerksschule in München. Sie war nach dem
Vorbild der Ècole polytechnique und der Berliner Bauakademie mit dem Ziel gegründet worden, Bauhandwerker zu Baumeistern aus- und weiterzubilden.
Ulrich Kaufmann
Johann Christian Günther (1695–1723), -
ein schlesischer Dichter
Frei blieb, wer keinen Herren fand.
(Harald Gerlach über Günther, 1973)
Prolog: Der Dichter
Wer auf dem Jenaer Johannisfriedhof aufmerksam das Areal um die Friedenskirche begeht, findet an der Stirnseite der alten, südlichen Friedhofsmauer eine bronzene
Tafel mit dem Namen Johann Christian Günther. Jena ist als dessen letzte Lebensstation vermerkt. Ein Grab wird der Besucher vergeblich suchen. Wer ist dieser Mann, an den in Jena . außer dieser
Tafel - wenig erinnert? Kein Straßenzug trägt hier seinen Namen. Im Jahre 2023, 300 Jahre nach Günthers Tod, wäre eine besondere Gelgeneheit gegeben, sich des Dichters angemessen zu
erinnern.
Der Ruhm und die Legendenbildungen um den schlesischen Poeten hängen nicht unwesentlich damit zusammen, dass Johann Wolfgang Goethe in seiner Autobiographie "Dichtung und Wahrheit" auf diesen zu sprechen kam. Der deutschen Poesie fehle es, meint der Große aus Weimar, an nationalem Gehalt. An Talenten hingegen, schreibt er weiter, gäbe es "niemals Mangel". "Hier gedenken wir nur Günthers, der ein Poet im vollen Sinne des Wortes genannt werden darf. Ein entschiedenes Talent, begabt mit Sinnlichkeit, Einbildungskraft, Gedächtnis, Gabe des Fassens und Vergegenwärtigens, fruchtbar im höchsten Grade, rhythmisch bequem, geistreich, witzig und dabei vielfach unterrichtet; genug, er besaß alles, was dazu gehört, im Leben ein zweites Leben durch Poesie hervorzubringen, und zwar in dem gemeinen, wirklichen Leben. Wir bewundern seine große Leichtigkeit, in Gelegenheitsgedichten alle Zustände duch Gefühl zu erhöhen und mit passenden Gesinnungen, Bildern, historischen und fabelhaften Überlegungen zu schmücken. Das Rohe und Wilde daran gehört seiner Zeit, seiner Lebensweise und besonders seinem Charakter oder, wenn man will, seiner Charakterlosigkeit. Er wußte sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten."
Geothe charakterisiert einen seiner Vorgänger hier zunächst mit fünf Sätzen. Der letzte Satz aber war es, der stets und ständig zitiert wird. Er erhielt für lange Zeit den Status eines Verdikts. Der Memoirenschreiber Goethe hob indessen ausgiebig die poetischen Verdienste Günthers hervor, der, entscheidend durch die Schule des schlesischen Barock geprägt, zu frühaufklärerischen Positionen gelangte. Günther gilt als bedeutendster deutscher Lyriker des frühen 18. Jahrhunderts, der Vor-Goethe-Zeit.
© U. KAufmann, gekürzt Ch. Apfel